Zukunftswerkstatt 2010 in Hannover

Im Juni letzten Jahres fand in Karlsruhe im Auftrag der Daniel-Nivel-Stiftung eine erste Zukunftswerkstatt zum Thema „Abbau von Feindbildern zwischen Fußballfans und Polizei“ statt, an der Fußballfans und Fanprojektler mit Polizisten aus dem Fußballumfeld (SKBs, Einsatzleiter, Bereitschaft etc.) teilgenommen haben. Für das Land Niedersachsen wurde diese Veranstaltung vom 8. bis zum 10. Januar vom Innenministerium und dem Institut für Sportwissenschaft in der Akademie des Sports in Hannover organisiert.

Neben Fan- und Polizeivertretern aus Wolfsburg, Braunschweig, Osnabrück und Hannover waren für unsere Liga zwei SKBs (Szenekundige Beamte) aus Emden, der Einsatzleiter und ein SKB aus Meppen, sowie unsere beiden SKBs und ein Vertreter der BFE Oldenburg (Beweissicherungs- und Festnahmeeinheit) vor Ort. Zu den beiden Kickers-Fans und den beiden Fans des SV Meppen gesellten wir uns mit vier Oldenburger Fans. Wilhelmshavener wurden nicht eingeladen. Insgesamt nahmen ungefähr 45 Personen an der diesjährigen Zukunftswerkstatt teil, die von Fanforscher Gunter Pilz von der Leibniz Universität Hannover geleitet wurde.

Der Freitag begann mit einer einleitenden Begrüßung von Innenminister Uwe Schünemann. Der anschließende Vortrag von Gunter Pilz überraschte positiv und verdeutlichte, dass unverhältnismäßige Eingriffe der Polizei und Repressalien gegenüber Fans genau das Gegenteil von dem bewirken, was sie eigentlich bezwecken sollten und sich Konfrontationen zwischen Polizei und Fans oftmals verhindern ließen, wenn man miteinander kommuniziert hätte. Eine These, die während der gesamten Veranstaltung immer wieder präsent war und sich wie ein roter Faden durch die Workshops und Gespräche zog. Zum Abschluss des Tages folgte ein Input-Vortrag eines Hannoveraner Konfliktmanagers und ein Vortrag über die Erfahrungen mit der Polizei von einem Mitglied der Oldenburger FanInitiative. Dabei wurden insbesondere die Vorfälle in Havelse und beim Spiel gegen Emden thematisiert.

Am Samstag traf man sich in drei Arbeitsgruppen. Kritikpunkte am Verhalten der jeweils anderen Gruppe wurden zusammengetragen, strukturiert und weiter ausgearbeitet. So manch einer war dabei überrascht, wie konstruktiv und sachlich Fans und Polizisten miteinander umgehen können, wenn einfach mal die Rollen aufgebrochen werden und persönliche Animositäten und (rollenbedingte) Vorurteile in den Hintergrund gestellt werden. Ebenfalls überraschend war wohl auch die private Einstellung einzelner Polizisten zum Thema Pyrotechnik.

Für uns Oldenburger war konkret die Teilnahme an einer Arbeitsgruppe wichtig, die die Installation eines „Runden Tisches“ intensiv bearbeitet hat. Dieser runde Tisch wird, wie ja bereits vom Verein bekanntgegeben wurde, auch hier in Oldenburg bald Thema sein. In den Arbeitsgruppen war man doch sehr überrascht und reagierte mit Unverständnis darüber, dass in Oldenburg keine Fanvertreter an den Sicherheitskonferenzen vor Risikospielen teilnehmen. In anderen Städten (und zugegebenermaßen in anderen Ligen) ist das längst Normalität. Diesbezüglich können wir noch auf Hilfe von Leuten erwarten, die damit schon ausgiebig Erfahrungen gemacht haben. Auch die Einzelgespräche mit dem Polizisten der BFE Oldenburg, waren sehr aufschlussreich und konstruktiv. Wir haben diesbezüglich immer wieder klar gemacht, warum ein Übergriff vor dem Fanprojekt aus unserer Sicht auch ein Übergriff auf das Fanprojekt ist; insbesondere, wenn es auf diese Art und Weise geschieht.

Nicht unerwähnt soll bleiben, dass man in Hannover im Umgang mit Fußballfans doch sehr fortschrittlich ist und auch gegnerischen Fans große Zugeständnisse macht. Da es sich dabei um die niedersächsische Landeshauptstadt handelt, haben wir die berechtigte Hoffnung, dass soetwas auch in Oldenburg offizielle und abgesegnete Linie werden könnte. Erwähnenswert ist ebenfalls, dass man in Braunschweig inzwischen auf einem sehr hohen Niveau über den legalen Umgang mit Pyrotechnik diskutiert. Mit ausgezeichneten Argumenten hat ein Vertreter von Cattiva ein Modell vorgestellt, welches das legale Zündeln in eine realisierbare Nähe rückt.

Am Sonntag wurden die Ergebnisse der einzelnen Arbeitsgruppen noch einmal allen Teilnehmern vorgestellt, bevor man dann auseinander ging. Ob es sich um eine Alibi-Veranstaltung des Innenministeriums handelt, weil Herr Schünemann vorzeigen muss, dass er etwas gegen Gewalt im Fußball macht und inwiefern das trotzdem legitim ist, wurde auch unter den Teilnehmern im privaten Rahmen kontrovers diskutiert. Für uns ist es letztlich wichtig, was wir für uns persönlich und unsere Fanszene herausgeholt haben. Wir haben eine Menge Kontakte mitgenommen und sehr wertvolle Informationen erhalten. Wir haben persönliche Gespräche geführt und Standpunkte verdeutlicht, sowie die Standpunkte der „anderen Seite“ kennengelernt. Wir sind damit zufrieden.

Diesen Mittwoch findet um 20.00 Uhr im Fanprojekt ein Vortrag zum Thema „Fanrechte“ statt. Zum Thema hat die Oldenburger FanInitiative Wilko Zicht von BAFF (Bündnis aktiver Fußballfans) eingeladen. Bei dieser Veranstaltung wird auch noch von uns auf die Zukunftswerkstatt eingegangen werden.